Plutarch: Biograf mit Blick für Menschliches

Plutarch: Biograf mit Blick für Menschliches

Im Laufe der Antike finden sich literarische Porträts anfangs zumeist in der Form von Nachrufen, Fürstenspiegeln und Preisreden. Dabei rücken die Autoren die beschriebenen Personen überwiegend ins positive Licht. In Griechenland entfalten sich weitere Formate, für das prominenteste sorgen die Biografien des Plutarch (ca. 45 – 125 n. Chr.). Großes Aufsehen erregen vor allem seine 23 Parallelbiografien, in denen er Lebensbeschreibungen zweier herausragender Staatsmänner – eines römischen und eines griechischen – einander gegenüberstellt. Beide Viten weisen dabei gewisse Ähnlichkeiten auf, so kommt es etwa zu Paarungen zwischen Alexander dem Großen und Caesar oder Demosthenes und Cicero.

Menschliche Züge  im Zentrum

Die vergleichenden Charakterstudien sollen Gemeinsamkeiten und allgemeingültige Aussagen verdeutlichen – mit der Absicht, dem Leser die Gleichrangigkeit der historischen Leistungen von Griechen und Römern vor Augen zu führen. Dabei präsentiert Plutarch die Porträtierten – getreu seinem moralisch-ethischen Ansatz – entweder als tugendhafte Vorbilder, oder aber er stellt gravierende Charaktermängel heraus. Zugleich erweisen sich die Gegenüberstellungen als ideales Mittel, um Römern wie Griechen die Kultur des jeweils anderen Volkes näher zu bringen. In die Biografien eingebettet werden sowohl die familiären Umfelder, Leistungen und Privatleben der Protagonisten als auch historisch wichtige Ereignisse.

Privilegiert, anerkannt und gebildet

Plutarch selbst erlangt bereits zu Lebzeiten Berühmtheits-Status. Infolge seiner umfassenden Bildung, Gelehrsamkeit und Lebenserfahrung begegnet ihm allerorten hoher Respekt. Einer wohlhabenden Familie entstammend genießt er eingangs seiner bedeutsamen Karriere in der philosophischen Hochburg Athen eine Ausbildung bei dem Platoniker Ammoios und gewinnt Einblicke in andere Philosophenschulen. Anschließend bekleidet er zahlreiche politische und priesterliche Ämter, leitet in seinem Heimatort Chaironeia eine private Schule und verfasst neben den biografischen bedeutende philosophische Schriften. Ihm zu Ehren errichten die Einwohner Delphis und seiner Heimatstadt nach seinem Tod eine Büste mit seinem Porträt.

Kostproben im Wortlaut

„Denn ich bin nicht Geschichtsschreiber, sondern Biograph, und es sind durchaus nicht immer die großen Heldentaten, in denen sich die Tüchtigkeit oder die Verworfenheit offenbart. Oft sagt ein unbedeutender Vorfall, ein Ausspruch oder ein Scherz mehr über den Charakter eines Menschen aus als die blutigsten Schlachten, die größten Heeresaufgebote und die Belagerungen von Städten.“

(aus der Einleitung der Parallelbiografie zu Alexander dem Großen und Caesar)

„Die von Thukydides und Philistos berichteten Ereignisse, die zu übergehen unzulässig wäre, weil sie ja im höchsten Maß den Charakter und den von vielen großen Schicksalsschlägen umwölkten Gemütszustand des Mannes [Nikias] enthalten, habe ich in Kürze und nur soweit es nötig ist durcheilt, um nicht nachlässig und träge zu erscheinen, was aber von anderen gelegentlich aufgezeichnet oder auf alten Weihgeschenken und Volksbeschlüssen gefunden wurde und den meisten unbekannt ist, das habe ich mich zusammenzutragen bemüht, nicht um die Geschichte damit zu befrachten, sondern als Beigabe für die Erkenntnis des Charakters und der Sitten.“

(Plutarch – Nikias 1,5)

„Die Ergründung der Wahrheit in der Vergangenheit ist wahrlich ein schwieriges und mühsames Unterfangen, da den nachgeborenen Geschichtsschreibern bei der Prüfung der Ereignisse die Länge der verstrichenen Zeit im Wege steht, während die Berichte der Zeitgenossen über das Leben und die Taten eines Menschen oft entweder durch Neid und Feindschaft oder durch Wohlwollen und Schmeichelei entstellt und verdreht werden.“

(Plutarch – Perikles 13,12)

Nachlesen im Netz

Weitere Netzquellen

  • > „Plutarch“ > aus der Reihe „Große Griechen und Römer“ (Quelle: getabstract.com)

Schluss-Worte

Jean Paul, auch Johann Paul Friedrich Richter


Er stellte den guten Grundsatz in der Fibelei auf, daß Plutarch das beste Beispiel gegeben, aus den kleinsten Punkten gleichsam in Punktiermanier den Kupferstich eines Mannes zu liefern …

Jean Paul

(1763 - 1825 / aus "Leben Fibels" (1811) - "Kleiner Plutarch"

Friedrich Nietzsche



Sättigt eure Seelen an Plutarch und wagt es, an euch selbst zu glauben, indem ihr an seine Helden glaubt.

Friedrich Nietzsche

(1844 - 1900 / aus "Unzeitgemäße Betrachtungen" (1873)